Menschen als medienkreierte Produkte.
Authentizität, Banalität und Big Brother von RTL2.

Referat von Jiré Emine Gözen
gehalten am 17. Mai 2000, endgültige Fassung vom 8. Juni 2000.

Abstract:
In diesem Text geht es um die RTL2 Sendung Big Brother (1. Staffel). Nach einer kurzen Inhaltsangabe der Show und Anmerkungen zur Produktion und möglichen Nachfolgern stelle ich die Show in den Kontext mit anderen massenmedialen Formaten mit direkter Zuschauerbeteiligung und untersuche vor allem den Aspekt der Authentizität als Produkt in den Massenmedien näher.
Im zweiten Teil versuche ich, unter anderem am Big Brother Star Zlatko Trpkowski, erste Interpretationsansätze für den großen Erfolg der neuen 'real life soap'-Serie herauszuarbeiten. Zudem wird auf die Bedeutung des Aufbaus einer Gemeinschaft aus Fans für die Popularität der Containerereignisse hingewiesen.


Einleitung
    -Was ist Big Brother?
    -Nachfolger von Big Brother
Inhalt von Big Brother
    -Die Kandidaten
    -Was bisher geschah
Big Brother im historischen populärkulturellen Kontext
    -Radiowunschkonzert
    -Call-In Show
    -Talkshow
    -Reality TV
    -Web-Cam
    -Reality-Soap (Big Brother)
Der Erfolg von Big Brother
    -Zuschauerresonanz
    -Zlatko als Negativstar
Interpretationsversuche
    -Psychoanalytische Deutung Big Brothers durch S. Zizek
    -Überlegungen, warum Big Brother interessant ist
Literaturliste
Wichtige Bemerkungen!
Einleitung

Was ist Big Brother?:

Die in Deutschland zur Zeit (Mai 2000) laufende Sendung Big Brother ist der erste Nachfolger der gleichnamigen holländischen Sendung, deren Urheber EndeMol Entertainment ist. Das Konzept von Big Brother ist, zehn Personen, fünf Männer und fünf Frauen, die noch nie aufeinander getroffen waren, bis zu 100 Tage lang in einem zur Außenwelt hin hermetisch abgeschlossenen Haus einzuquartieren. In diesem Haus müssen die Personen unter bestimmten Regeln leben. Diese Regeln sind unter das Motto "back to basic" gestellt und gestehen den Bewohnern ein bestimmtes Budget an Grundnahrungsmitteln zu, mit denen sie ihre Grundbedürfnisse stillen können. Sie haben einen Garten, in dem sie Gemüse und Getreide anbauen können und Hühner, die ihnen Eier legen und die sie pflegen müssen. In dem Haus dürfen von den Bewohnern keine elektrischen Geräte benutzt werden, es sind weder Fernseher noch Musikanlage vorhanden. Es gibt täglich, nur am frühen Morgen, eine Stunde lang warmes Wasser.
Während all ihren Tätigkeiten werden die Bewohner rund um die Uhr von Kameras beobachtet. Aus dem dabei entstandenen Material wird ein Teil als Reality-Soap verwendet. Die Grundlage dieser Reality-Soap ist ein Spiel. Die Regeln dieses Spieles sind, daß alle zwei Wochen jeder Bewohner zwei Kandidaten nominieren muß, die das Haus verlassen sollen. Die Nominierung findet alleine in einem Raum statt, in dem die Wahl einer Kamera mitgeteilt wird. Über die beiden Personen, die die meisten Stimmen auf sich vereinen, stimmt das Fernsehpublikum per TED ab und entscheidet, wer von ihnen ausscheiden muß. Das Spiel geht so lange weiter, bis nur noch drei Kandidaten im Haus übrigbleiben. Unter diesen Kandidaten wird dann per TED abgestimmt, wer bei den Zuschauern der Beliebteste ist, dieser ist der Gewinner des Spieles und erhält 250.000 DM als Belohnung.
Um unter den Bewohnern ein bestimmtes Sozialverhalten zu fördern, bekommen diese vom Big-Brother-Team Tages- und Wochenaufgaben gestellt, deren erfolgreiche Lösung mit einer Überraschung, wie etwa zusätzlichen Lebensmitteln, Musik und ähnlichem belohnt wird.
Die Bewohner haben Zugang zu 153 Quadratmetern Wohnfläche und 284 Quadratmetern Garten. Zu der Wohnfläche gehören zwei Gruppenschlafräume, ein Essensbereich mit Küchenzeile, ein Wohnzimmerbereich, eine Dusche, ein WC und ein Waschbereich.
Die Technik umfaßt 28 Kameras, von denen sieben fest installiert sind, die restlichen werden durch 55 verspiegelte Fenster im Haus bedient. Weitere vier Infrarotkameras sorgen für die Übertragung bei Dunkelheit.
Auf einer von RTL2 und EndeMol eingerichteten Web Seite im Internet ist das Big Brother Haus durch Web-Cams den ganzen Tag kostenlos für den Rezipienten einsehbar. Eine einstündige Zusammenfassung der "Highlights" des Tages wird von RTL2 täglich um 20.15 Uhr im Fernsehen gesendet. Sonntags wird eine einstündige Wochenzusammenfassung gezeigt, gefolgt von der Big Brother Wochenshow, in der die Zuschauer abwechselnd die Nominierungen erfahren, beziehungsweise das Ergebnis der Abstimmung darüber, wer das Haus verlassen muß. In der Wochenshow werden desweiteren Prognosen durch das Publikum per TED über die Beliebtheit der Kandidaten im Haus gestellt. Außerdem werden verschiedene Gäste eingeladen, die sich zu dem Geschehen im Haus äußern.

Nachfolger von Big Brother:

Inzwischen laufen Vertragsverhandlungen von mehreren nationalen Privatsendern für die Übernahme des Konzepts von Big Brother in ganz Europa, der spanische Nachfolger ist schon mit großem Erfolg angelaufen. Weitere Sendungen im Stil von Big Brother sind in Planung und teilweise auch schon realisiert worden, so etwa in den Niederlanden die Nachfolger von Big Brother De Bus und Geboind ("Gefesselt").
Weitere Fernsehsender, wie etwa CBS verfrachtete im März dieses Jahres eine Gruppe von Menschen auf eine einsame Insel, auf der diese über einen bestimmten Zeitraum lebten und dabei von Kameras beobachtet wurden. Auch in dieser Variante fehlte das Wettbewerbselement nicht, dem Gewinner winkten schließlich eine Millionen Dollar. Jedoch ist die Sendung in den USA noch nicht ausgestrahlt worden. An dieser Idee von CBS orientiert sich zur Zeit auch die Firma EndeMol, die bereits Castings für eine ähnliche Sendung durchführen. Interessant ist, daß sich die angeblich fernab von jeglicher Zivilisation gelegen tropische Insel der Survivor! Show als bekannte Touristeninsel entpuppt hat. Diese liegt 15 Hubschrauberminuten von der Hauptstadt Malaysias entfernt und ist ein beliebtes Ferienziel von Touristen. Um die Szenerie der Insel fernsehtauglich wild und unberührt aussehen zu lassen, wurden Designer eingeflogen, die unter anderem eine Tempelattrappe aus Plastik bauten und für das richtige Grün der Palmen sorgten (und sie anmalten!). Offenbar sehnen sich Fernsehen und Film nach einer Wirklichkeit, die es so nicht gibt und auch nie gegeben hat.

Inhalt von Big Brother

Die Kandidaten:

Bei der Auswahl der Kandidaten wurde stark darauf geachtet, daß diese ein möglichst großes gesellschaftliches Spektrum abdecken, so daß es viele Identifikationsmöglichkeiten für die Zuschauer gibt. Auf diese Weise wurde gleichzeitig auf Kontroversen gesetzt. Nichtraucher treffen auf Raucher, Singles treffen auf schmachtend Verliebte und Familienväter, Arbeitslose treffen auf gutbetuchte Porschebesitzer. EndeMol setzt auf eine heterogene Gemeinschaft, in der eine hohe Wahrscheinlichkeit für Spannungen besteht.
Die Kandidaten, die zu Beginn des Spieles in das Haus zogen, waren:
Der 36jährige Jürgen, Vater einer neunjährigen Tochter und Angestellter bei Ford; Thomas, 24 Jahre alt, Single und Informatikstudent; die 22 jährige, festliierte Jurastudentin Manuela; die 24jährige Jana, die ihren Unterhalt mit Telefonsex und als Aktmodell verdient und in fester Partnerschaft lebt; die 26jährige Schauspielerin und Single Kerstin; der 37jährige Gastronom Alex, der in keiner festen Beziehung ist; die 29jährige Despina, die in der Medienbranche tätig ist und nach einem Partner sucht; der 26jährig arbeitslose, ehemalige Hausbesetzer John, der inzwischen Familienvater ist; die 34jährige bisexuelle Projektmanagerin Andrea; und der 24jährige, in Beziehung lebende, arbeitslose Automechaniker Zlatko.
Später hinzugestoßen sind die 20jährige Jona, ehemalige Walldorfschülerin und Single; die 34jährige Dachdeckerin Sabrina; und die 28jährige BWL-Studentin Verena.

Was bisher geschah:

Die ersten Kandidaten, die nominiert wurden, das Haus zu verlassen, waren die Rumänin Despina und der Informatikstudent Thomas. Despina, die sich den psychischen Belastungen nicht weiter gewachsen fühlte, verließ das Big Brother Haus freiwillig, woraufhin Zlatko in der Nominierung nachrückte. Schließlich mußte Thomas das Haus verlassen.
Als Ersatz für Despina kam die ruhige 20jährige Jona, die wegen eines Auslandaufenthaltes die vergangenen Geschehnisse bei Big Brother nicht kannte. Sie wurde die Woche drauf zusammen mit Jana nominiert. Durch die Tatsache, daß einige der Bewohner offen zugaben, wen sie nominiert hatten, kam es zu einer Spaltung innerhalb der Gruppe in verschiedene Lager. Nachdem Jana das Haus verlassen mußte, distanzierten sich Zlatko und Jürgen weiter von den anderen, woraufhin sie in der nächsten Nominierung die meisten Stimmen auf sich vereinten. Letztlich mußte Zlatko das Haus verlassen. Daraufhin verließ auch Jona das Haus, weil sie mit den Spannungen innerhalb der Gruppe nicht umzugehen wußte. An Stelle ihrer kam die blonde Dachdeckerin Sabrina in das Haus, die sich als äußerst freigiebig erwies und ähnlich wie Zlatko eine sehr enge Beziehung zu Jürgen aufbaute.
In der nächsten Nominierung wurden alle Frauen bis auf Sabrina genannt, wobei es von vornherein sehr wahrscheinlich war, daß Manu das Haus verlassen würde, da beim Publikum die Sympathieverhältnisse stark gegen Manu standen. Wie erwartet, wurde sie herausgewählt, woraufhin auch Kerstin freiwillig mit ihr das Haus verließ.
Für Kerstin kam Verena ins Spiel, die inzwischen jedoch große Probleme im Haus hat, da sie ihren Freund vermißt und großen Liebeskummer hat.
Die nächste Nominierung traf Jürgen und Alex, der im Big Brother Haus eine Beziehung mit Kerstin eingegangen war und schließlich das Haus verlassen mußte.
Diesen Sonntag (14.5.2000) wurden Verena, John und Jürgen nominiert.

Big Brother im historischen populärkulturellen Kontext

Im folgenden soll anhand von historischen Beispielen aufgezeigt werden, daß Big Brother an die Tradition anknüpft, Authentizität als massenmediales Gut zu nutzen und zu vermarkten. Hierfür werden verschiedene Entwicklungen in den Massenmedien Radio, Fernsehen und Internet vorgestellt, die deutlich machen, wie der Wunsch des Publikums nach Authentizität umgesetzt wurde.

Radiowunschkonzert:

Ein erster Versuch, den Rezipienten in das Programm eines elektronischen Mediums miteinzubinden, wurde im Radio mit dem Wunschkonzert gemacht.
Das Wunschkonzert im Radio verläuft nach folgendem Prinzip: Ein Hörer oder eine Hörerin wünscht sich auf schriftlichem Weg (z.B. für ein Familienmitglied) ein Musikstück, der Moderator verliest in der Sendung diese Liedwidmung, gegebenenfalls mit einer Grußbotschaft und spielt dann das gewünschte Lied.
Heute heißen diese Sendung im allgemeinen nicht mehr Wunschkonzert, sondern bei HR3 beispielsweise Wunschinsel, aber bis auf einige Variationen sind sie im Prinzip unverändert geblieben. Die Lieder können inzwischen auch per Telefon, Fax oder E-Mail gewünscht werden und es gibt eine Menge Versuche, weitere Gags miteinzubringen. So müssen zum Beispiel beim Hessischen Privatsender FFH die ersten Takte des gewünschten Songs live angesungen werden.
Heute hat beinahe jeder Rundfunksender Sendungen, die auf der Idee des Wunschkonzertes beruhen. Dabei wird inzwischen in manchen Sendern die Hörerbeteiligung in einer Form vollzogen, bei der der Hörer gezielt in eine unangenehme Situation gebracht wird. Ein sehr prominentes Beispiel für ein solches Programm war der Love-Check von Planet Radio. Bei dieser Sendung rief die Moderatorin im Auftrag einer Hörerin den Freund oder Lebenspartner live in der Sendung an und mimte die Rolle einer vermeintlichen Verehrerin und versuchte, den Angerufenen zu einem Rendezvous zu bewegen. Ging der Hörer auf dieses Angebot ein, wurde er live in der Sendung mit seiner Partnerin konfrontiert und mußte sich rechtfertigen.

Call-In Show:

Bei dieser Sendeformat wird die Hörereinbindung in das Programm in einer anderen Weise radikalisiert. Der Hörer wählt nicht mehr wie beim Wunschkonzert das musikalische Programm aus, sondern wird ähnlich wie beim oben genannten Love-Check zu einem Hauptbestandteil des Programms. Der Hörer hat hier die Möglichkeit, eine wesentlich aktivere Rolle anzunehmen, sowohl was seine Gesprächs-Gestaltungsmöglichkeiten als auch den Gesprächsanteil angeht. In diesen Shows haben die Hörer die Gelegenheit, per Telefon ihre Probleme zu formulieren und sich vom Moderator "psychologisch" beraten zu werden.
Das derzeit wohl bekanntestes Beispiel dieser Sendeform ist Domian. Diese Sendung wird gleichzeitig auch mit einer fest installierten Studiokamera ins WDR-Fernsehen übertragen. Charakteristische Themen dieser Sendungen, die durchweg in den späten Abend- und Nachtstunden gesendet werden, sind dramatische persönliche Probleme, wie etwa ungewollte Schwangerschaften, Fremdgehen, schwere Krankheiten und Homosexualität. Interessanterweise gibt es eine enge Überschneidung mit den Themengebieten des fiktiven Genres daily-soap. Wahrscheinlich macht gerade diese dramatische Thematik in Verbindung mit dem authentischen Hintergrund der Erzählungen der Anrufer den Reiz für das Publikum dieser Sendegattung aus.

Talkshow:

Zur Zeit werden in den deutschen Fernsehprogrammen 65 Talkshows bzw. ähnliche Formate ausgestrahlt, wobei die Bandbreite der produzierten Formate von den reinen informationsorientierten Gesprächsrunden wie Der Presseclub und Was nun...? bis hin zu den täglichen Vor- und Nachmittagssendungen mit primär unterhaltendem Charakter reicht.
In diesen Sendungen treten hauptsächlich "normale" Menschen auf, der Rezipient wird hier aktiv von den Fernsehsendern eingebaut. Der Rezipient verläßt die passive Form des Zuschauens und wird zum öffentlichen Darsteller seiner Wünsche, Bedürfnisse, Probleme und Ansichten. Der Zuschauer wird zum Akteur.
Talkshows arbeiten mit der Inszenierung von Authentizität, da dies scheinbar einen hohen Reiz auf die Rezipienten ausübt. Hier agieren "normale" Menschen, oft werden auf sehr emotionale Weise intime Dinge in der Öffentlichkeit ausgebreitet. Es handelt sich meist um alltägliche Probleme, die der Zuschauer nachempfinden kann. An der Sprache, den Gesten und dem Verhalten läßt sich erkennen, daß hier keine Medienprofis auftreten, sondern einfache Menschen. All dies suggeriert in den Talkshows Authentizität.

Reality TV:

Die Möglichkeiten der Darstellung des Reality TV sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von "echten" Amateuraufnahmen bis hin zum Nachspielen der Realität oder Alltagsdokumentationen. 1994 strahlte der Pay-TV Sender Premiere nach eigenen Worten mit Das wahre Leben die erste Alltagsdokumentation im deutschen Fernsehen aus. Sie war stark an der Sendung The Real World des englischsprachigen Musiksenders MTV orientiert. In diesem Sendeformat stehen die Bewohner einer WG im Mittelpunkt, deren Leben nun ständig von Kamerateams begleitet wird. Hieraus hat sich schließlich das neue Genre Doku-soap entwickelt, welches eine Mischform aus klassischem Dokumentationsfilm und dem fiktionalen Genre Soap-operas darstellt und an das Big Brother direkt anknüpft. Hier wird der Alltag direkt abgefilmt, zum Beispiel Fahrschüler bei ihrer Prüfung, die Ereignisse auf einem Luxuskreuzer oder eben die Erlebnisse einer Containergemeinschaft.
Die Idee ist, daß der Sender keine direkte Eingriffsmöglichkeit in das Leben der Akteure hat und auf diese Weise das "wahre" Leben dargestellt wird. Das Reality-TV Genre vermittelt Authentizität, wie es sich ja schon aus den Titeln der Sendungen ableiten läßt. Das "wahre" Leben und die reale Welt sollen hier gezeigt werden, frei nach dem Motto, das Leben schreibt die besten Geschichten. Die Kamera soll, ganz wie beim Dokumentarfilm, den Akteur verfolgen und keinen Einfluß ausüben. Allein schon durch die technischen Mittel, wackelige Handkameras, schlechte Licht- und Tonverhältnisse, soll Authentizität vermittelt werden. Auch hier spielt das Zeigen von Emotionen und Alltag eine wichtige Rolle, um Identifikationen mit dem Rezipient herzustellen. Allerdings darf der Alltag wohl nicht zu alltäglich sein, da sonst schnell Langeweile aufkommen kann.

Web-Cam:

Bei der Web-Cam handelt es sich um eine kleine Kamera, die über einen Computeranschluß Bilder in das Internet sendet. Sie wird einfach an einem Ort aufgestellt und sendet von dort aus in einem bestimmten Zeittakt, zum Beispiel einer Stunde oder einer Sekunde, Bilder auf eine Web Seite, die für Internetnutzer zugänglich ist. Die von den in großer Zahl vorhandenen Web-Cams übertragenen Inhalte reichen von Panoramaaufnahmen einer Stadt oder Straße (zum Beispiel vom Rechenzentrum der J.-W.-G. Universität aus) über Einsichten in WGs auf der ganzen Welt bis hin zu pornografischen Bildern bei speziellen kommerziellen Anbietern.
Grundsätzlich ist zu sagen, daß es sich bei einer Web-Cam um ein technisch sehr eingeschränktes Medium handelt. Es wird kein Ton geliefert und die Bilder haben die Größe eines Polaroidbildes. Bei einem so eingeschränkten Medium kann das Fernsehen, welches Ton und große, vergleichsweise hochauflösende Bilder liefert, kein direkter Vorläufer sein. Die Web-Cam entwickelt das Fernsehen in einem anderen Bereich weiter. Sie ist nicht auf eine bestimmte Anzahl an Programmen gebunden, sondern hält potentiell eine nicht ausschöpfbare Anzahl an verschiedenen Angeboten bereit.
Was die Inhalte angeht, so sind die besprochenen Radio und Fernsehformate sicherlich auch kein direkter Vorläufer zu den Web-Cam Angeboten. Daily Talkshows, Call-in Shows und Reality TV bieten z.T. auf radikale Art und Weise Einblick in das Leben normaler Menschen. Die Dramen, die hier dargestellt werden, wird der Web-Cam Betrachter so nie zu Gesicht bekommen können. Sie werden im Fernsehen durch die Inszenierung so verdichtet, daß ihr ganzes Ausmaß in wenigen Minuten dargestellt werden kann. Bei der Web-Cam erhält man Handlungen ungefiltert. Ein Familienkrach, der sich über mehrere Wochen verteilt, wird man nur schwer mitverfolgen können. Der inhaltliche Reiz der Web-Cams muß also eine weitere Dimension haben. Jeder ist Sender und auch Empfänger, wann, wo und wie man will. In diese Richtung geht auch der Reiz des Mediums Web-Cam. Hier sind keine bevormundenden Fernsehstationen zwischengeschaltet, die für den Kommunikator und den Rezipienten im Voraus Entscheidungen treffen. Alles ist live, ungeschnitten und zumindest vermeintlich nicht inszeniert.

Reality-Soap (Big Brother):

Es wird deutlich, daß Big Brother an die aufgezeigte Entwicklung, die Authentizität zum Gut der Massenmedien macht, direkt anknüpft. Die größte Analogie besteht zu dem Genre des Reality TVs und den Web-Cams. Deren Konzepte werden in Big Brother radikalisiert. Den Zuschauerwünschen nach Authentizität wird nachgekommen, in dem reale Personen zu Schauobjekten werden und darüber hinaus ununterbrochen einsehbar sind.
So erreicht Big Brother durch die Web-Cams auf dem zugehörigen Internetangebot (http://www.bigbrother-haus.de) eine Vollständigkeit in seinem Authentizitätsanspruch. Denn der Zuschauer ist nicht mehr ausschließlich auf die vermeintliche Authentizität angewiesen, was der TV-Sender in der täglichen Zusammenfassung in zusammengeschnittener Form zeigt, sondern kann rund um die Uhr live und ungefiltert auf die Bildinformationen von über zwanzig Web-Cams zugreifen.
Die Kandidaten sind "ganz normale" Menschen, von denen der Zuschauer annehmen kann, daß sie im Gegensatz zu Schauspielern einer inszenierten Soap-opera ihre Emotionen und Probleme nicht vorspielen. Die erste Besonderheit von Big Brother im Unterschied zu den genannten medialen Vermarktungsformen von Authentizität ist die extreme Länge von 100 Tagen. Während beim Reality TV und Call-In Shows die Zuschauerbeteiligung eines Einzelnen nur wenige Minuten beträgt, ist diese bei einer Reality-Soap wie Big Brother und den Web-Cams sehr viel länger. Doch während bei Web-Cams nur Augenblicke gezeigt werden, wird bei Big Brother immer ununterbrochen gesendet.
Sehr neu ist auch die vollständige Isolierung der Teilnehmer von Big Brother in einem eigens angefertigten Container. Wie bei einer Rateshow im Fernsehen bestimmt der produzierende Sender eine von der Außenwelt abgeschnittene Örtlichkeit, die nicht nur künstlich geschaffen wurde, sondern de facto die Bewegungsfreiheit der Kandidaten eliminiert. Dadurch, daß die Kandidaten sich nicht mehr an einen unbeobachteten Ort zurückziehen können, wird versucht, jedes Aufschieben und Verdrängen von Gefühlen unmöglich zu machen. Das Gezeigte und die Personen sollen absolut wahrhaftig und somit authentisch sein, und keine Rolle vorspielen können.

Der Erfolg von Big Brother

Zuschauerresonanz:

Die Einschaltquoten von Big Brother haben die Erwartungen von RTL2 bei weitem übertroffen. Jeden Abend schauen sich etwa drei Millionen Zuschauer die Reality-Soap an, womit RTL2 zu der entsprechenden Sendezeit einen Marktanteil von 16, 4% der 14 bis 29-jährigen auf sich vereinigen kann. Zu Beginn der Serie waren die Zuschauerzahlen zwar regelrecht eingebrochen, dem konnte jedoch sehr gut entgegengewirkt werden, vor allem durch die starke Präsenz Big Brothers in den Medien. So hat hat EndeMol zum einem gezielt Gerüchte in der Öffentlichkeit gestreut, um die Aufmerksamkeit und das Interesse auf die Sendung zu lenken. Auch solche Medienberühmtheiten wie Stefan Raab und Harald Schmidt beteiligten sich an der Aufmerksamkeitsökonomie um Big Brother, in dem sie in ihren eigenen Sendungen durch das Verbreiten von Sensationsmeldungen zur Show die Werbetrommel für Big Brother mitrührten.
Außerdem wurde Big Brother durch die Kontroversen, die die Sendung hervorgerufen hatte, in allen Medien diskutiert. Jeden Tag waren neue Berichte, Diskussionen und/oder politische Debatten im Fernsehen zu verfolgen oder in der Zeitung zu lesen. Durch den ständigen Aufgriff des Themas war es nicht möglich, sich dem Phänomen Big Brother zu entziehen. So wurde Interesse geweckt und es gehört nun zum aktuellen Allgemeinwissen, mindestens einmal in die Sendung hineingeschaltet zu haben oder zumindest die ungefähren aktuellen Geschehnisse im Haus zu kennen.

Zlatko als Negativstar:

Die Vermarktungsrechte ihres Namens und ihrer Person mußten die Big Brother Kandidaten durch einen vertraglichen Abschluß für ein Jahr an EndeMol abtreten. Dies bedeutet, daß RTL2 und EndeMol das Recht haben, die Kandidaten in jeder Form nach Belieben zu vermarkten.
Während die ersten drei ausgeschieden Bewohner scheinbar schlecht zu verkaufen waren, war es bei Zlatko möglich, eine den Zuschauererwartungen entsprechende Person zu kreieren, mit der weitere Einnahmen möglich wurden.
Zuerst wurde er von Harald Schmidt zu Stefan Raab über Stern TV durch alle bekannteren Talkshows geschickt, in denen er das ihm anhaftende Proleten-Image unter Beweis stellen sollte. In diesen Talkshows wurde er regelrecht vorgeführt, und vermutlich hat in keiner der Gesprächsrunden die Frage nach der Identität William Shakespeares gefehlt. Anschließend wurde eine CD aufgenommen, die zur Zeit auf Platz 1 der deutschen Charts ist. Darüber hinaus hat Zlatko eine eigene Doku-Soap bekommen, die Zlatkos Welt heißt und auf sechs Sendetermine begrenzt ist.
Der so geschaffene Star Zlatko ist trotz großer Popularität kein Star im positiven Sinne. Spätestens seit Stefan Raabs Sendung TV Total hat sich in Deutschland der Trend etabliert, Privatpersonen bewußt vorzuführen und sich über diese auf erniedrigende Weise lustig zu machen. Der Erfolg Zlatkos erinnert stark an den der ostdeutschen Regina Zindler, die im vergangenen Jahr mit ihrem "Maschendrahtzaun" unerwarteterweise zum Star der Nation wurde. Es wird deutlich, daß zwischen Zlatko und Regina Zindler eine Analogie herrscht, auch wenn Zlatko auf eine andere Art und Weise stilisiert wird. Zlatko ist ein Antistar. Er dient weder als Vorbild noch als Autorität, sondern er wird verlacht.
Die kreierte Person Zlatkos treibt das Klischee eines unbelesenen und ungebildeten Proleten, der nicht in der Lage ist, einen inhaltlich und grammatikalisch richtigen Satz zu bilden, auf die Spitze. In Zeitungen wird Zlatko sogar als eine Kreuzung von Fladenbrot, Freischärler und Schaf bezeichnet. "Vom Fladenbrot hat er die Intelligenz, vom Freischärler den Körperbau und vom Schaf den Blick."(G.Z.)
Der Unterschied zwischen Zlatko und einem positiven Star ist, daß man über ihn als Person lacht. Selbst wenn die Auslöser der Belustigung die gleichen sein mögen, wie etwa bei den Komikerduos Erkan & Stefan oder Mundstuhl. Bei einem Komiker, der gesellschaftliche Tendenzen aufnimmt und mit diesen auf künstlerische und karrikaturistische Weise arbeitet, ist klar, daß er, sobald er die Bühne verläßt, zu einer Privatperson wird, die reflexiv mit den Inhalten seiner Komik umgehen kann. Zlatko hat diese Möglichkeit nicht. Ein Medienkonstrukt wie Zlatko bietet dem Zuschauer die Möglichkeit, ihn in sein Privatleben zu folgen und ausschließlich dieses zum Anlaß des Amüsements zu machen. Obwohl Zlatko ein Kunstprodukt ist, wird mit seiner Person Authentizität suggeriert.
Interessant ist, daß es sich bei Regina Zindler und bei Zlatko um Personen handelt, die eine gesellschaftliche Gruppe repräsentieren, die über eine niedrige Bildung verfügen und sozial unterprivilegiert sind. Es ist anzunehmen, daß diese Gesellschaftsgruppe durch das Lächerlichmachen von Vertretern wie Regina Zindler oder Zlatko "The Brain" auf unbewußte Weise diffamiert wird.
Unter diesem Aspekt ist auch interessant, wie die Wahl der Nachfolgekandidaten bei Big Brother zustande gekommen sein mag. Nachdem die beiden gutaussehenden jungen Frauen Kerstin und Manuela das Haus verlassen haben, hat RTL2 nicht mehr auf Kandidaten gesetzt, die dem gängigen Schönheitsideal und der allgemeinen Durchschnittsbildung entsprechen, sondern hat sich erst die derbe, freizügige Sabrina und dann die dümmlich erscheinende Verena ins Haus geholt. Die Kandidaten werden den Zuschauererwartungen und den momentanen Trends angeglichen und Einschaltquoten werden so gesichert.

Interpretationsversuche

Psychoanalytische Deutung Big Brothers durch Slavoj Zizek:

Der slowenische Professor für Philosophie Slavoj Zizek unternimmt den Versuch einer psychoanalytischen Deutung Big Brothers, die im folgenden vorgestellt wird.
Ausgangspunkt für die Deutung Zizeks ist die psychoanalytische Deutung der Vorstellungkraft. In der Psychoanalyse wird davon ausgegangen, daß eine der Urphantasien der ewig auf uns ruhende Blick ist. In diesen Blick wirkt später das Über-Ich und die narzistische Libido, die der Aufrechterhaltung und der Stärkung des Selbstwertgefühles dienen. Den Anforderungen dieses Blickes versuchen wir in jeder unserer Handlungen gerecht zu werden und wir versuchen sogar ihm (diesem Blick) zu imponieren. Die elementare Phantasie ist damit also nicht, die Vorstellung zu beobachten, sondern die Feststellung, daß es jemanden gibt, der uns beobachtet. Wie Zizek sagt, handelt es sich nicht um einen Traum, sondern um die Feststellung, daß wir Objekte im Traum eines anderen sind.
Zizek zufolge wird diese Erkenntnis in der Zurschaustellung der eigenen Person verarbeitet und bestätigt, wie zum Beispiel auf Internet-Seiten mit Web-Cams. Auf diesen Seiten wird die Logik aus Peter Weirs Film Die Truman Show angewendet: wir sind in der Lage, ein Ereignis oder einen Ort ununterbrochen zu beobachten und in diesem Ort oder Ereignis das tägliche Leben einer Person darin. Nach Zizek zeigt erst der Blick des Anderen, daß eine solche Person überhaupt existiert. Dadurch entsteht die "tragikkomische Umkehrung der Orwellschen Beschreibung einer panoptischen Gesellschaft, in der wir potentiell dauernd unter Beobachtung stehen und wo es keinen Platz gibt, an dem wir uns vor dem Blick dieser Macht verstecken können. Heute geht eher die Angst um davor, nicht die ganze Zeit von dieser Macht beobachtet zu werden, so daß die Leute den Blick der Kamera als Beweis ihrer Existenz brauchen." (Zizek)
Diese Tendenz hat für Zizek in Big Brother ihren Höhepunkt erreicht. Die Teilnehmer von Big Brother spielen ihre Rollen in einem künstlich abgeschlossenen Raum, sie spielen ihre Rollen, als ob sie wirklich wären, sie geraten zum Beispiel in echte Gefühlskonflikte, so, daß Einbildung nicht mehr von Wirklichkeit zu unterscheiden ist.
Die Erfahrungen, die der Zuschauer mit Big Brother macht, ist für den Autor die gleiche, die aus der Lektion des "Cybersex" resultiert: stimuliert von gehaltlosen Bildern, mit denen der Bildschirm bombardiert, wird einzig die Erfahrung vermittelt, daß wirklicher Sex nie stattgefunden hat. Der Spaß, der bei dem Geschehen empfunden wird, rührt von den eigenen geheimen Phantasien her. Dieselbe extreme Erkenntnis sieht Zizek in der Erfahrung, die der Rezipient mit Big Brother macht: Der Zuschauer muß sich die Frage stellen, was ist, wenn der "Große Bruder" (Zizek) schon immer da war, (als der in unserer Vorstellung existierenden Blick auf den Einzelnen) und die Big Brother Show für uns alle nun diese universale Lebensstruktur sichtbar macht? Zizek empfindet diese Reflexion, zu der der Zuschauer so gezwungen wird, als sehr begrüßenswerte Entwicklung.

Überlegungen, warum Big Brother interessant ist:

Die Inhalte von Big Brother sind banal. Die Bewohner des Hauses werden beim Kochen, Essen, Saubermachen, Duschen, Schlafen, dem Lösen der Tages- oder Wochenaufgaben und bei Gesprächen gezeigt. Bilder von Menschen, die sich die Zähne putzen, Pickel ausdrücken, mit der Katze spielen, eine Zigarette rauchen oder vor sich hinstarren, dominieren das Bilderangebot der täglichen Zusammenfassung.
Inhaltlich hat Big Brother so nichts zu bieten außer Langeweile. Die Bemühungen, Big Brother durch gruppendynamische Tages- und Wochenaufgaben spannender zu gestalten, scheitern trotz des Schnitts und der zeitweiligen Unterlegung der Bilder mit aktueller Popmusik. Selbst die Frage nach dem Ausgang des Spieles ist nicht in der Lage, einen Spannungsbogen zu schaffen, der Big Brother 100 Tage lang interessant macht. Auch die durch die RTL2 Werbung geschürten Hoffnungen auf Sexszenen oder Eskalationen jeglicher Art sind enttäuscht worden.
Zwar gab es Episoden, in denen Zlatko und Jürgen mit Zank im Haus für jede Menge Amüsement sorgten, doch waren diese Zwischenspiele nur von kurzer Dauer und Big Brother geht schließlich nach dem Ausscheiden von Zlatko weiter. Es muß also noch weitere Anreize geben, sich Big Brother regelmäßig anzusehen.
EndeMol hat richtig erkannt, daß der Diskussionsplattform um Big Brother großes Gewicht beigemessen werden muß. Die Inhaltslosigkeit Big Brothers dient als Basis, die es möglich macht, einen solchen Kult um Big Brother herum zu schaffen. Damit soll nicht gesagt werden, daß dieses Phänomen für Big Brother spezifisch ist. Zu vergleichen ist diese Art von Show mit den Wrestling-Kämpfen, deren Ablauf und Ausgang abgesprochen sind. Auch sie bestehen nur aus inhaltsloser Attraktion, da von vorne herein Sieger und Verlierer feststehen. Trotzdem wird ein großes Aufheben um die Kämpfe und die einzelnen Kämpfer gemacht, es entstehen Fankulturen und gruppeninterne Aufspaltungen, obwohl die Fiktion der Kämpfe und um die Personen der Ringer für das Publikum bekannt sein dürfte. Doch wie bei Big Brother ist die Bedeutung des eigentlichen Inhaltes uninteressant. Worum es bei derartigen Phänomenen geht, ist, daß durch ein mediales Konstrukt eine Gemeinschaft vermittelt wird.
Kern dieser Gemeinschaft ist der Austausch der Fans untereinander. Diese Kommunikation unter den Big Brother Zuschauern wird von EndeMol gezielt gefördert. Ein Mittel, den Austausch zu fördern, ist die Bereitstellung von über zwanzig Web Seiten, auf denen sich Foren befinden, in denen sich die Fans austauschen können. In diesen Foren werden von EndeMol Gerüchte verbreitet, die von den Fans aufgenommen und diskutiert werden. Ist so etwas erst einmal angelaufen, wird es bei entsprechender Popularität schnell zum Selbstläufer, die Fans beginnen eigene Mutmaßungen, Gerüchte und "Insider-Informationen" zu produzieren.
Das ganze Konzept EndeMols beruht auf der Idee, bei es nur darum geht, Menschen in einen medialen Kontext miteinzubinden und sich so für den Einzelnen die Möglichkeit bietet, auf eine Gruppe von Gleichgesinnten zu treffen. Es geht darum, den Anreiz zur Diskussion zwischen Menschen zu schaffen, die die gleiche Fernseherfahrung gemacht haben.
Vorteilhaft ist, daß Big Brother täglich läuft, so gibt es jeden Tag wieder etwas Neues zum Besprechen, allerdings geschieht nie so viel auf einmal, daß Neueinsteiger keinen Anschluß an die Fankultur mehr finden könnten. Es wird deutlich, daß die Spekulationen und der Austausch der Zuschauer untereinander für diese selbst viel interessanter sind als die Sendung an sich.
Einen erweiternden Aspekt bildet die sonntägliche Wochenshow. In dieser werden Geschehnisse aus dem Big Brother Haus präsentiert und es werden sogenannte Experten, bekannte Schauspieler, Astrologen und Psychologen eingeladen, die sich zu Ereignissen im Haus äußern. Auch diese Wochenshow bietet dem Zuschauer eine Möglichkeit zur Anregung und zum Austausch. Für die Show wurde gezielt ein Moderator ausgewählt, der eine breite Angriffsfläche bietet. Allein seine sehr dilettantische Art der Moderation und die geschmacklose Auswahl seiner Kleider (pinker Anzug, Hornbrille, rosa Lippenstift) sorgen für Belustigungen bis hin zu verbalen Angriffen gegen seine Person, die ganze Internetseiten, Boulevardmagazine und Zeitungen mit Kommentaren füllen. Auf diese Weise bietet sogar die Wochenshow ein breites Unterhaltungsangebot, das der interessierte Rezipient analysieren, kritisieren oder einfach ignorieren kann.
Ich will damit deutlich machen, daß Big Brother im Grunde kein radikales philosophisches Konzept in sich trägt und daher nicht zu vermuten ist, daß eine Sendung wie Big Brother den vielbeschworenen Untergang der abendländischen Kultur einleitet. Die Sendung Big Brother ist einfach nur eine Basis für den Aufbau einer sich austauschenden Fangemeinde, wie es schon viele gab. In der Konsequenz heißt das für EndeMol, daß Big Brother nichts als eine ganz gewöhnliche "Geldmachmaschine" ist, die in ihrer Form eine bekannte mediale Tradition der Provokation weiterführt. Fraglich mag allerdings sein, ob der Trend dahin führt, den Zuschauern immer extremere Formen der Unterhaltung liefern zu müssen.

BB Werbemotiv
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Der Container bei Köln-Hürth
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Männerfreundschaft bei BB
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Zlatko im BB Container...
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...bei Alfred Biolek...
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...in Bravo TV...
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...und in Zlatkos Welt...
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...sowie als Werbefigur
BB Hefte
Weiteres BB Merchandising...
Foto von BB Fans
...für die BB Zuschauer
Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der JWG Universität Frankfurt
Die offizielle Home Page der deutschen Big Brother Staffeln
Informationen und Unterrichtsmaterialien zu Big Brother in der Lehrerdatenbank teachSam
Die erste Staffel von Big Brother in der Internet Movie Database
Zu Medienbildung und Big Brother beim Landesbildungsserver Nordrhein-Westfalen
Big Brother is God. Einige religiöse Hintergründe der Daily Life Soap
Studentische Hausarbeiten zu Big Brother bei hausarbeiten.de
Big Brother als Modernisierungsverweigerung
Link zum Positionspapier der Landesmedienanstalten zur Diskussion über Big Brother
Artikel zur Geschlechterkonzeption und Sexualität in Big Brother
Ausgabe von "nach dem Film" zu Reality Shows, Authentizität und Realismus
Sehr gute empirische Untersuchung zu Kommunikationsdynamik und Zuschauerinteresse bei Big Brother; Handout
Weitere gute Arbeit zu Big Brother und dessen kommunikative Bedeutung
Eine ganze Reihe interessanter Artikel zu Big Brother und verschiedenen medienethischen und medientheoretischen Ansätzen
Literaturliste

Bücher:
Bleicher, Joan Kristin: "Fernsehen als Mythos. Poetik eines narrativen Erkenntnissystems"; Opladen: Westdeutscher Verlag, 1999
Hattendorf, Manfred: "Dokumentarfilm und Authentizität. Ästhetik und Pragmatik einer Gattung"; In: CLOSE UP - Band 4: Schriften aus dem Haus des Dokumentarfilms, Europäisches Medienforum Stuttgart
Hickethier, Knut (Hg.): "Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland"; München: Fink Verlag, 1993
Kreuzer, Helmut: "Fernsehsendungen und ihre Formen - Typologie, Geschichte u. Kritik der Programme in der Bundesrepublik Deutschland"; Paderborn: Igel Verlag, 1990
Lenk, Carsten: "Die Erscheinung des Rundfunk"; Opladen: Westdeutscher Verlag, 1997
Mielice, Jörg: "Reality-TV. Authentizität & Ästhetik am Beispiel der Sendung "Augenzeugenvideo""; Alfeld: Coppi Verlag, 1996
Neumann-Braun, Klaus:"Rundfunkunterhaltung: Zur Inszenierung publikumsnaher Kommunikationsereignisse"; Tübingen: Gunter Narr Verlag, 1993
Prokop, Dieter: "Medien-Macht und Massen-Wirkung. Ein geschichtlicher Überblick"; Freiburg im Breisgau: Rombach Verlag, 1995

Artikel:
(ap/dpa): "Wird "Big Brother" verboten?" In: Frankfurter Neue Presse vom 04.03.2000
Baum, Karl-Heinz: "Genuss zu Lasten der Schwächeren" In: Frankfurter Rundschau vom 07.03.2000
Beucker, Pascal: "Von Menschen und Mäusen" In: Die Tageszeitung vom 01.03.2000
Brechtel, Detlev: "Big Brother unter Beobachtung" In: Horizont vom 09.03.2000
Eimeren, Birgit van; Gerhard, Heinz: "Talkshows: Formate und Zuschauerstrukturen" In: Media Perspektiven 12/98, S. 600 ff.
Fahrenholz, Peter: "Medienwächter waten weiter ab" In: Frankfurter Rundschau vom 07.03.2000
(gor): "Big Sleep" In: Die Süddeutsche Zeitung vom 06.03.2000
Grokow, Alexander: "Du bist nicht ganz allein" In: Süddeutsche Zeitung" vom 03.03.2000
(G.Z.): "Die Verlacher. Zlatko in der RTL-2-Big-Brother-Vermarktungs-Maschinerie" In: epd medien vom 14.04.2000
Henrichs, Benjamin: "Echt falsch" In: Süddeutsche Zeitung vom 03.03.2000
(hk): "Ein Maulwurf im Wohncontainer?" In: Frankfurter Rundschau vom 08.03.2000
(is): "Die Unterhaltungsspirale" In: Frankfurter Rundschau vom 07.03.2000
Jessen, Jens: "Die Eingeschlossenen" In: Die Zeit vom 09.03.2000
Kain, Florian: "Raab macht Zlatko zum ersten "Big Brother"-Star" In: http://www.andreasthieme.de/welt_000322.htm [diese Seite gibt es nicht mehr]
Kammann, Uwe: "LPR will Ausstrahlung von 'Big Brother' verbieten" In: epd medien vom 04.03.2000
Kamman, Uwe: ""Big Brother" - Hessen erwägt Zensur" In: epd medien vom 04.03.2000
Kammann, Uwe: "Brüderchen und Schwesterchen" In: epd medien vom 04.03.2000
(keine Autorenangabe): ""Big Brother" könnte schon bald wieder am Ende sein" In: Cellesche Zeitung vom 04.03.2000
(keine Autorenangabe): "Darauf warten, dass etwas passiert" In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine vom 04.03.2000
(keine Autorenangabe): "Genug ist nicht genug" In: Süddeutsche Zeitung vom 06.03.2000
(keine Autorenangabe): "Langeweile im TV-Gefängnis" In: Morgenpost vom 03.03.2000
(keine Autorenangabe): "Medienwächter kündigen Verfahren gegen RTL2 an" In: Frankfurter Rundschau vom 04.03.2000
(keine Autorenangabe): "Neue Folgen der ganz anderen Comedy-Show" In: Morgenpost vom 03.03.2000
Keller, Harald: "So langweilig wie das Leben bisweilen eben ist..." In: Frankfurter Rundschau vom 07.03.2000
Kirn, Thomas: "Die geplante Indiskretion" In: Frankfurter Allgemeine vom 05.03.2000
Klinger, Nadja: "Ein Mensch wie Big Brother" In: Die Tageszeitung vom 09.03.2000
Koschnick, Wolfgang J.; Lungmus, Monika: "Menschen im Zoo" In: Journalist 03/2000
(miha): "9 Kandidaten, 28 Kameras und 60 Mikrofone" In: Frankfurter Allgemeine vom 08.03.2000
Nagel, Hans G.: "Großer Bruder bekommt Sehfehler" In: Die Tageszeitung vom 08.03.2000
Ott, Klaus: "Im Windschatten wartet Kirch" In: Süddeutsche Zeitung vom 09.03.2000
Sack, Adriano: "Die Stunde der Primaten" In: Die Woche vom 10.03.2000
Schlingensief, Christoph: "Der Kosovo-Krieg als Vorlage" In: Frankfurter Rundschau vom 03.03.2000
(stg): "Endlich Spannung bei "Big Brother"" In: Die Tageszeitung vom 06.03.2000
Thaenert, Wolfgang: "Eine Sache der Menschenwürde" In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine vom 03.03.2000
Voregger, Michael: "Der Fernseh-Knast", In: CUT 3/2000
W.F.: "Viele Zuschauer sahen schwachen "Big-Brother"-Start" In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine vom 03.03.2000
Zizek, Slavoj: "Deutschland: Die Kamera liebt dich. Unser Leben als Seifenoper" In: Süddeutsche Zeitung vom 28.03.2000

Artikel aus der Online-Zeitung "Telepolis":
Corinth, Ernst: "Big Brother" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5854/1.html
Corinth, Ernst: "Big Brother immer erfolgreicher" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5944/1.html
Corinth, Ernst: "Big Brother ist zum größten Interneterfolg Deutschlands geworden" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5874/1.html
Corinth, Ernst: "Big-Brother-Kandidaten verärgert" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5919/1.html
Corinth, Ernst: "Big Brother: Noch mehr Manu, noch mehr Spaß" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5998/1.html
Corinth, Ernst: "Big Brother und kein Ende" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5966/1.html
Corinth, Ernst: "Big Brother: Zlatko ist raus" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5987/1.html
Corinth, Ernst: "Das BBC Robinson Experiment" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8084/1.html
Corinth, Ernst: "Die Sensation ist (fast) perfekt" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/8106/1.html
Corinth, Ernst: "Die Abmahnungspraktiken der Firma Endemol" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8088/1.html
Corinth, Ernst: "Die Isolierung klappt nicht mehr" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8075/1.html
Corinth, Ernst: "Ein Gespenst geht um in den Medien" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/5955/1.html
Corinth, Ernst: "Mörder im Stau und Big-Brother-Zlatko im Idiotenheim" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/5937/1.html
Corinth, Ernst : "RTL2 auf Schadensbegrenzung" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8091/1.html
Corinth, Ernst: "Simulation und Wirklichkeit im und auf dem Fernseher" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/8074/1.html
Corinth, Ernst: "Stefan Raab rettet Big Brother vorm Absturz" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5875/1.html
Corinth, Ernst: "Zlatko ist ein Virus" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8130/1.html
Jörns, Gerald: "Big Brother: Schluss mit lustig?" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8073/1.html
Jörns, Gerald: "Big Brother - Der psychische Druck nimmt zu" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5931/1.html
Jörns, Gerald: "Projekt Telecop - Big Brother für jeden" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5948/1.html
Jörns, Gerald: "RTL 2 spielt mit den Medien" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8055/1.html
Palm,Goedart: "Panoptismus als Unterhaltung" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5922/1.html
Rötzer, Florian: "Datenschutzbeauftragter versucht, das Beste aus Big Brother zu machen" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5863/1.html
Rötzer, Florian: "Die unberührte Natur auf der abgelegenen Insel der Survivor-Serie" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8070/1.html
Rötzer, Florian: "Ungemach für Endemol, den Produzenten von Big Brother" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/8068/1.html
Treanor, Paul: "Was kommt nach Big Brother?" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5956/1.html
Wildermann, Gregor: "Stefan Raab kommt auf den Elefanten" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5905/1.html
Woznicki, Krystian: "Oasen im Medienpark" In: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/kino/3496/1.html

Internetseiten:
Lingen, Teo: "Big Brother Fan Club" In: http://www.die-gruene-katze.de/ueber.htm [diese Seite gibt es nicht mehr]
Bayer, Oliver P.: "Echtwelten - BigBrother RTL2 Fanpage - Big Brother ist nicht allein!" In: http://www.echtwelten.de/bigbrother/ [diese Seite gibt es nicht mehr]
EndeMol GmbH: "Die Offizielle Big Brother Seite" In: http://www.bigbrother-haus.de/startscreen.html [diese Seite gibt es nicht mehr]

Bemerkungen:
Dieses Referat entstand im Rahmen des Hauptseminars "Medienkritik. Teil 1: Requiem auf das Fernsehen" im Sommersemester 2000. Diese Veranstaltung fand am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main statt. Geleitet wurde sie von Prof. Dr. Burkhardt Lindner, der die vorliegende Arbeit mit "gut" (2+) benotete.
J. E. Gözen schloß ihr Studium im August 2004 mit dem Magistra Artium in Theater-, Film- & Medienwissenschaft ab und ist heute Doktorandin am Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften.
Die Urheber- und Vervielfältigungsrechte für diesen Text bleiben bei der Autorin. Das heißt, daß ohne meine AUSDRÜCKLICHE Genehmigung nichts, auch nicht auszugsweise, vervielfältigt oder wiederveröffentlicht werden darf, weder zu kommerziellen, noch zu unkommerziellen Zwecken. Zitieren nach den allgemein gültigen Standards ist okay, aber es sollte schon eine Autorenangabe oder ein Hinweis dabeistehen, wo das Original zu finden ist.
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Letzte Link- und HTML-Korrektur fand am 8. September 2005 statt.
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