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Einleitung und Filminhalt
Studie der UN zur Bekanntheit von Terminator:
Die Berliner Morgenpost schreibt am 20. Februar 1998 zu einer
Studie der Unesco über Gewalt in den Medien, daß 88
Prozent der jugendlichen Fernsehzuschauer rund um den Globus Arnold
Schwarzenegger als Terminator kennen. "51 Prozent der Kinder, die
in "hochaggressiver Umgebung" wie zum Beispiel
Bürgerkriegsländern lebten, würden gerne sein wie
er. Als Rollenmodell sei der 'Terminator' aber auch in friedlichen
Regionen der Erde akzeptiert: 37 Prozent der dort lebenden
Jugendlichen bewunderten die Figur." (ADN) Diese Studie, bei der
5000 Schüler im Alter von 12 Jahren in 23 Ländern befragt
wurden, zeigte weiterhin, daß 30 Prozent der Jungen und 21
Prozent der Mädchen generell Actionhelden als Idole angaben,
während Popstars und Musiker nur von 18,5 Prozent als Idole
genannt wurden.
Auf die Frage nach der Darstellung von Gewalt als
adäquatem Konfliktlösungsmittel in den Medien soll hier,
anders als dies diese Untersuchung wissen wollte, nicht eingegangen
werden. Vielmehr soll gezeigt werden, was der Reiz an dem Film und
der Person des Terminators ist, welche unbewußten Ängste
und Wünsche dabei angesprochen werden; was das
"Apokalyptische" in dem Film neben dem Szenario ist.
Inhaltsangabe:
2029 wird die Welt nach einem Atomkrieg zerstört sein. Die
wenigen Menschen, die dies überlebt haben, werden von einem
neuen Gegner bedroht: Robotermaschinen, die den Krieg
überstanden haben und Jagd auf die Menschen machen. Die
Geschichte, wie es dazu kam, fängt aber schon 1984 an, in dem
Jahr, in dem Terminator gedreht wurde. Zwei Männer
kommen aus der Zukunft, ein Terminator, ein Cyborg, und Sergeant
Kyle Reese, der von den Menschen geschickt wurde. Der Supercomputer
Skynet, der irgendwann in naher Zukunft die vollautomatische
Verteidigung übernimmt, wendete sich gegen die Menschen und
provozierte den Nuklearkrieg, aber die Überlebenden schafften
es, unter der Leitung ihres Befehlshabers John Connor, die Roboter
zu besiegen und Skynet zu vernichten. Dabei entdeckten sie,
daß Skynet eine seiner Kampfmachinen durch die Zeit geschickt
hatte, um die Mutter seines siegreichen Kontrahenten, Sarah Connor,
zu eliminieren, bevor John überhaupt gezeugt war, um so die
Geschichte umzuschreiben und seine Niederlage zu
verhindern.
Der Terminator, seinem Gegner überlegen durch perfekte
Wahrnehmung, Schmerzunempfindlichkeit, fast vollständiger
Unverwundbarkeit und dem Fehlen der Bedürfnisse Schlaf,
Mitleid, Angst, tötet zwei andere Sarah Connors in der
Großstadt Los Angeles, bevor er in der Disco "Tech Noir" die
richtige angreift und von Reese gerade noch daran gehindert wird,
diese zu töten. Nach einer heftigen Verfolgungsjagd schaffen
es Reese und Sarah, ihrem Gegner zu entkommen, jedoch werden sie
von der Polizei festgenommen. Reese erzählt den
Polizeipsychologen seine Geschichte und wird als paranoid
eingestuft, der Terminator aber rüstet sich in der Zeit mit
schweren Waffen aus. Die Kampfmaschine dringt in die Polizeistation
ein und tötet jeden, der sich ihm auf seiner Suche nach Sarah
Connor in den Weg stellt. Reese und Sarah gelingt abermals die
Flucht. Sie verstecken sich in einem Motel, während der Cyborg
Sarahs Mutter tötet und deren Stimme bei einem Anruf perfekt
imitiert, und so das Versteck der beiden herausbekommt. Die beiden
Verfolgten lernen sich näher kennen, und Reese gesteht Sarah,
daß er ihretwegen durch die Zeit gereist ist. Sie schlafen
miteinander und werden am nächsten Tag von dem Terminator
aufgespürt.
In der folgenden Auseinandersetzung wird Reese zwar schwer
verwundet, doch gelingt es ihnen, die Maschine mit einem
Tanklastzug in die Luft zu sprengen. Doch diese überlebt die
Explosion und tritt ihnen, durch die Flammen vollständig von
seiner menschlichen Hülle gereinigt, als glänzendes
Chromskelett gegenüber. Es verfolgt die beiden in eine
automatisierte Fabrik, wo Reese mit einer Rohrbombe den Cyborg
erneut sprengt, aber dabei selbst getötet wird. Aber die Reste
des Terminators funktionieren noch immer und greifen die verwundete
Sarah weiter an, bis diese ihren Gegner schließlich in einer
hydraulischen Presse zerstört.
Der Film endet mit Sarah, wie sie einige Monate später,
schwanger von Reese, mit einem Jeep nach Lateinamerika
fährt, um sich dort vor der kommenden Apokalypse zu verstecken
und sich und ihren Sohn John auf den Krieg vorzubereiten.
Darstellung der äußeren Welt
Die Apokalypse:
Die Zukunft ist eine graue Ruinenlandschaft, die ständig von
todbringenden Robotermaschinen durchsucht wird, die auf der Suche
nach menschlicher Beute sind, die sie erbarmungslos niedermetzeln.
Die Überlebenden des Atomkriegs hausen in unterirdischen
Verstecken, wo sie eingepfercht, in lumpigen Kleidern und umgeben
von Trümmern der vergangenen Zeit, leben. Ihr einziges Leben
besteht aus Überleben, d. h. aus essen und sich verteidigen
gegen die stählernen Killer, die in Menschengestalt in ihre
Bunker eindringen und mit riesigen Plasmakanonen heißen
Strahlentod verbreiten. Jeder kann ein Terminator sein, es gibt
keinen äußeren Hinweis, daß jemand es nicht ist,
außer für Hunde, die die Maschinen entlarven
können. Es werden keine Beziehungen der Menschen gezeigt, die
Sequenzen in der Zukunft sind geprägt von ständigen
Kampf. Männer wie Frauen kämpfen ohne Unterschied Seite
an Seite in denselben grauen Kampfanzügen; als Kyle Reese
einmal von Sarah Connor gefragt wird, wie denn die Mädchen in
seiner Zeit so wären, weiß er nichts anderes zu
antworten als "gute Kämpferinnen".
Bevor die Überlebenden unter John Connor die Maschinen Skynets
erfolgreich bekämpfen konnten, wurden sie in Lager
zusammengetrieben, um unter KZ-ähnlichen Bedingungen für
die Maschinen zu arbeiten ("Leichen begraben."). Dabei bekamen sie
einen Code aufgebrannt, der heutigen Strichcodes für
Konsumartikeln ähnelt, ein kleiner Verweis auf die moderne
Welt und ihre Laster.
Die Menschen gewinnen den Kampf gegen Skynet letztlich, doch was
dann kommen wird, wird nicht gezeigt. Ob die Menschen
tatsächlich den Sieg davongetragen haben und Skynet gesprengt
haben, wissen wir auch nicht, da Reese, der uns aus der Zukunft
berichtet, ja vor der endgültigen Zerstörung des
Computers durch die Zeitmaschine gegangen ist. Ob die Apokalypse
und das nukleare Feuer tatsächlich Reinigung gebracht haben
und nun eine paradiesische Welt anbricht, ist eigentlich schwer
vorstellbar, nachdem die Welt und die Menschen fast völlig
vernichtet wurden. Damit zeigt der Film die Unsinnigkeit von
solchen apokalyptischen Heilserwatungen, die in der Realität
nicht zum Paradies führen, sondern allenfalls zu furchtbarer
Destruktion.
Die Jetztzeit (1984) - Die Darstellung der Technik:
Der Film erhält seine Substanz und Struktur durch Maschinen,
besonders 1984 wird eine Vielzahl von neuen technischen
Geräten der Achtziger gezeigt. Autos, Lastwagen, Radios,
Fernseher, Telefone, Anrufbeantworter, Walkmen, Industrieroboter
usw. sind die unschuldigen Vorfahren, die den allmächtigen
Verteidigungscomputer ankündigen. Obwohl dies nicht explizit
gesagt wird, suggeriert der Film damit eine latente
Technikfeindlichkeit, denn die technischen Gegenstände, die im
Film auftauchen, stellen meistens eine Behinderungen für die
Protagonisten und andere Menschen dar. Dafür gibt es viele
Beispiele: das kaputte Münztelefon in dem Lokal hindert Sarah
daran, die Polizei sofort anzurufen, nachdem sie die
Elf-Uhr-Nachrichten gesehen hat, später in der Disco wird sie
auf eine automatische Warteschleife gesetzt. Ihre Freundin Ginger
hört aufgrund ihres Walkman nicht, wie der Terminator im
Nebenzimmer ihren Freund töten, der Anruf von Sarah, der ihre
Freunde warnen soll, wird nicht mehr von diesen auf dem
Anrufbeantworter abgehört, sondern von dem Cyborg. Als Reese
im Auto einschläft, befindet er sich gegenüber einer
Großbaustelle, die Geräusche der Baumaschinen und
Kettenfahrzeuge lösen einen Alptraum an seine Vergangenheit in
der Zukunft aus, als er aufwacht, läuft im Radio ein Werbespot
für die neuste Hi-Fi Ausrüstung inklusive Laserdiscs,
also derselben Technik, die in der Zukunft die Waffentechnologie
stellt.
Die Gleichgültigkeit der Menschen an den Gefahren der
allgegenwärtigen Technik ist es, was die Apokalypse
beschwört. Schon 1984 gibt es Menschen, die so leben
müssen wie die Überlebenden der Zukunft, die Obdachlosen,
bei denen Reese landet. Aber Technik selbst wird nicht als
böse oder intentional feindlich dargestellt. Entweder
erfüllt sich das Potential, was eine Maschine hat, um nicht
zufriedenstellend zu funktionieren oder gar nicht zu funktionieren,
d. h. alles was schiefgehen kann, geht möglicherweise auch
schief, oder es sind Menschen, die die Technik (oft auch
unbeabsichtigt) böse einsetzen, z. B. die Politiker, die den
Computer beauftragen, sie vor den bösen Menschen zu
schützen, die vielfältigen Waffen, die leicht
erhältlich sind, die Kamera-/Videotechnik, die sich in den
Augen des Terminators findet, wird an dem hilflosen Reese benutzt,
um ihn als verrücktes Versuchskaninchen vorzuführen,
über das sich der Polizeipsychologe amüsiert. Auch der
Terminator selbst ist ja nicht nur Robotertechnik, sondern wird
gerade durch seine menschlichen Elemente so perfekt, die ihn zur
unauffälligen Killermaschine machen. Reine Technik allein
wäre nicht so effizient und bedrohlich, wie er es mit seiner
menschlichen Verkleidung ist, die hybride Natur aus menschlichen
und technischen Teilen ist das, was sein Wesen und seine Kampfkraft
ausmacht.
Darstellung der inneren Welt
Der Terminator - Kondensierte Allmachtsphantasie:
Während Reese noch immer menschlich ist und damit verletzbar
und angreifbar, und im Konflikt mit seinen Trieben und
Triebwünschen steht, verkörpert der Terminator eine
perfekte Größenphantasie, die durch nichts
beeinträchtigt wird. Sein hypothetisches Ich und sein
Körper ist von nichts und niemandem abhängig, er hat sich
immer hundertprozentig unter Kontrolle und läuft niemals
Gefahr, von jemandem überrascht oder in etwas geschlagen zu
werden.
Sein Ich hat absolut uneingeschränkt Herrschaft über sein
Bewußtsein und seinen Körper. Keine
Über-Ich-Regungen wie moralische Bedenken oder Selbstzweifel
behindern seine Aktionen, die immer effizient, logisch und oft
"unmenschlich" sind. Auch gibt es kein Es oder körperliche
Bedürfnisse, die das Ich einschränken. Der Terminator ist
immer hundertprozentig aktiv, muß niemals schlafen, essen,
sich ausruhen oder auf die Toilette, nur ab und zu muß er
kleine Kampfschäden reparieren. Er findet einzig
Erfüllung in seiner Aufgabe, er hat keine sexuellen oder
aggressiven Triebe, alle Handlungen sind von einer berechnenden
Intelligenz auf ihre Effektivität hin ausgewählt. Seine
Roboternatur verschafft ihm übermenschliche Kräfte,
ferner kann er alle Gefahren verleugnen, da er durch seine
"Hyperlegierung" praktisch unverwundbar ist, seine
Wahrnehmungsorgane sind denen von Menschen überlegen. Sein
Zoomobjektiv mit gleichzeitigem Fadenkreuz und Zielinformation, und
sein vollkommenes Gehör versetzen ihn in die Lage, in jeder
Situation die Übersicht zu behalten und aufmerksamer als jeder
Mensch zu sein.
Das digitale Bewußtsein und der glänzende
Chromkörper zeigt, daß die Maschine körperlich und
geistig unbefleckt und rein im Gegensatz zu ihrem menschlichen
Gegner ist, der sich niemals so perfekt verhält wie der
Terminator. Dieses vollkommene asketische Wesen ist eigentlich die
Lebensform, die man nach einer Apokalypse erwartet, ein völlig
freier "Mensch". Aber ein "Leben" von diesen perfekten Maschinen
kann man sich auch nur schwer vorstellen für den Fall,
daß sie gewonnen hätten. Außerdem zeigt uns die
Logik im Film, daß diese Perfektion in sich schon die Ursache
für ihre eigene Niederlage beinhaltet.
Denn die perfekte Wahrnehmung und die Fähigkeit für
hohe Informationsprozession sind auch die Schwachstellen der
Kampfmaschine. So ist es ihr nicht möglich, bestimmte
Wahrnehmungen nicht wahrzunehmen oder zu verdrängen. So
gelingt es Sarah und Kyle, den Cyborg mehrfach zu verwirren, in dem
sie ablenkende optische und akustische Reize auslösen. Auch in
der Zukunft war dies der Schlüssel, Skynet zu besiegen, in dem
man die Maschinen einfach mit Reizüberflutung austrickste.
Wie die Psyche des apokalyptischen Terminators aussieht, kann man
auch daran analysieren, welche Personen er im Film bekämpft
und tötet, und wer überlebt. Die ersten Opfer, die der
Terminator tötet, sind eine Gruppe von Punks. Auf diese
Randgruppe werden eine Vielzahl von Laster projiziert, gängige
Vorurteile malen ein Bild von einem triebgesteuerten Menschen, der
seine aggressiven und sexuellen Impulse hemmungslos auslebt, sich
im Drogenrausch versenkt und alles in allem das direkte Gegenteil
von einem apostolischen Lebensstil führt. In einer weiteren
längeren Verfolgungs- und Tötungssequenz dringt der
Cyborg in die Wohnung von Sarah und Ginger ein. Sarahs Freundin
hatte gerade lustvollen Sex mit ihrem Freund gehabt, da
überrascht der Terminator die beiden, als sie gerade etwas zu
essen zusammensucht. Die Maschine bestraft quasi diese Menschen
für ihre Menschlichkeit, die eben auch aus niederen Trieben
besteht, sie sind klare Sündige in dem Konzept von
chromglänzender Reinheit. Auch die Personen, die den
Feuerstößen in der Disco zum Opfer fallen, gehören
zu den lasterhaften Menschen, die unbekümmert Spaß
haben, anstatt sich wie Reese und Sarah enthaltsam auf das
Überleben der Apokalypse vorzubereiten.
Die letzte, sehr stark bekämpfte Gruppe ist die Polizei. Der
Terminator marschiert in eine Polizeistation und läßt
nur Tote in dem brennenden Gebäude zurück. Die Polizisten
stehen sicherlich nicht für Repräsentanten des
Lustprinzips, sie sind Ausdruck einer höheren Autorität,
dem Über-Ich. Dieses ist auch ein natürlicher Feind der
Allmachtsphantasien des Ichs, wie sie der Terminator
repräsentiert, und wird hier bekämpft. Die Polizei, die
für eine einengende, erwachsene Instanz steht, könnte die
absolute Kontrolle und Autorität des Cyborgs
einschränken. Folglich rechnet er brutal mit ihr ab, so
daß beim Zuschauer kein Zweifel aufkommt, wer die Allmacht in
dem Film hat.
Kyle Reese - Triebe müssen bekämpft werden:
Der Zeitreisende Kyle Reese kommt aus der Zukunft und prophezeit
eine schreckliche Apokalypse, die zunächst die meisten
Menschen in einem Atomkrieg vernichten wird, und schließlich
in einem Kampf auf Leben und Tod mit einem Supercomputer und dessen
ferngesteuerten Killermaschinen endet. Überleben werden nur
diejenigen, die sich körperlich und mental auf diese
Auseinandersetzung vorbereitet haben. Kyle predigt und lebt eine
Askese vor, die es ihm ermöglicht, einer Maschine ähnlich
zu werden und so seinem Gegner ebenbürtig zu werden - die
einzige Chance anscheinend, um diesen zu besiegen. Er bekämpft
seine körperlichen Triebe erfolgreich, um immer kampfbereit zu
sein. Im Film wird nie gezeigt, wie er richtig schläft, nur
ganz kurz dämmert er ein und wacht mit durchgeladener Waffe im
Anschlag erschreckt auf.
Er und Sarah essen nie im Film, sie sind vollständig mit der
Flucht vor ihrem Gegner beschäftigt. Alle menschlichen
Triebregungen hat Reese sich abgetötet, außer der tief
empfundenen Liebe zu Sarah hatte er nie sexuelle Versuchungen in
der Zukunft, denen er nachgegeben hätte.
Auch Reese hat keine paranoide Furcht vor Technik und Computern an
sich, sondern der Gegner ist zunächst einmal sein eigener
Körper, wenn er versucht, eine Schußwunde zu ignorieren
und den Schmerz zu verleugnen. Diese innerpsychische Paranoia, bei
der der allmächtige und Glück-verhindernde Feind nicht in
der Außenwelt zu finden ist, sondern im eigenen Körper,
führt zwangsläufig dazu, daß sich Reese
völlige Enthaltsamkeit aufzwingt.
Der Wunsch, nicht abhängig von irgendetwas oder -jemanden zu
sein, ist ein dominierendes Element in Reese's Charakterstruktur.
Das Ausschalten von Schmerz und anderen körperlichen
Bedürfnissen zeigt, daß er immer die vollständige
Kontrolle über sich haben will. Eine Erklärung dafür
bietet die brutale Zukunft, in der jeder auf sich gestellt ist und
möglichst keine feste Beziehung zu anderen Menschen aufbauen
sollte, da der Tod überall lauerte. In diese innerpsychische
Paranoia paßt auch, daß sich die Terminator
äußerlich nicht von anderen Menschen unterscheiden, so
ist auch ein äußerer Feind gegeben, nämlich
praktisch jeder andere Mensch kann im Zweifelsfall ein Cyborg sein,
der einen vernichten will.
Psychoanalytischer Hintergrund dieser
Arbeit
Psychopathologie der Psychosen nach Arlow/Brenner:
So erleben wir in Terminator die Darstellung eines
paranoiden Psychotikers und seiner Welt. Im Film selbst ist Kyle
Reese nicht als pathologisch anzusehen, da er ja nach der Logik des
Films recht hat und letztlich einer der wenigen ist, die auf die
Bedrohung adäquat reagieren. Seine Welt, die Zukunft,
unterscheidet sich so stark von unserer Gegenwart, daß das,
was wir heute als paranoid oder psychopathisch einstufen
würden, 2029 der Alltag ist und unser Verhalten pathologisch
wäre. Trotzdem ist es spannend, die Charaktere mit heutigen
psychoanalytischen Methoden genauer zu betrachten, da sich hier
erstaunlicherweise strukturtheoretische Modelle von Psychosen
bestätigen und neue Interpretationsmöglichkeiten
ergeben.
Sigmund Freud benennt drei grundlegende Merkmale für
Psychosen: 1. Bruch mit der Realität. Dazu zählt zum
Beispiel, daß der Patient "meint etwa, daß die Welt
zerstört sei oder demnächst zerstört würde"
(A&B S. 403). Realitätsverlust ist nach Freud das
charakteristischste Kennzeichen für eine Psychose. 2.
Hypochondrie und Größenwahn. Freud ist hier der Ansicht,
das diese Symptome mit einem gestörten Selbstwertgefühl
und Körper- und Weltbild (also der Innenwelt)
zusammenhängen. 3. Wahnvorstellungen und Halluzinationen.
Besonders Verfolgungsideen sind häufige Symptome dieser
Kategorie. Freud geht davon aus, daß hier ein gestörtes
Verhältnis zur Außenwelt Ursache für diese Symptome
ist. Seiner Auffassung nach ist eine Psychose Ausdruck eines schwer
gestörten Abzug von libidinösen Objektbesetzungen;
Traumatas oder Enttäuschungen führen dazu, daß der
Patient seine ganze Libido von der Außenwelt abzieht (bis hin
zur völligen Verleugnung der Realität). Die gewaltige
freigewordene Libidoenergie macht sich darauf an dem eigenen
Körper und Selbst fest und führt zur einer totalen
Überbesetzung der Selbstrepräsentanten (zweite
Symptomkategorie). Schließlich versucht der psychotische
Patient die Wiederbesetzung von Objektrepräsentanten in der
Außenwelt, was jedoch mißlingt. Dadurch ergibt sich
eine verzerrte Beschäftigung mit der äußeren Welt,
die oft in Paranoia ihren Ausdruck findet (dritte
Symptomkategorie).
Freuds Konzept kann heute nicht mehr in dieser Form gehalten
werden. So ist es keineswegs der Fall, daß ein psychotischer
Patient seine Besetzungen zu der Realität völlig aufgibt
und unfähig ist, Objektbeziehungen aufrechtzuerhalten. So ist
es auch einem katatonen Patienten durchaus möglich, daß
er die Realität richtig wahrnimmt, er reagiert nur nicht
darauf.
Jacob Arlow und Charles Brenner schlagen eine einheitliche
Krankheitslehre der Neurosen und Psychosen unter Verwendung von
Freuds Strukturtheorie vor, die die psychoanalytische Theorie
besser in Übereinstimmung mit den klinischen Beobachtungen
bringen soll. Demnach hat ein Psychotiker ein äußerst
schwaches Ich, dessen Pathogenese in dem Aufsatz Arlow/Brenners
nicht das Thema ist. Das schwache Ich des Psychotikers ist nun
ständig der Gefahr ausgesetzt, von starken Trieben und
Wünschen, meist aggressiver Natur, überflutet zu werden.
Da es immer wieder dazu kommt, daß destruktive Wünsche
und aggressive Triebregungen aus dem Es das Ich bedrohen,
projiziert dieses praktisch in Notwehr als letzten
Abwehrmechanismus diese Wünsche in die Außenwelt. Die
Wahnvorstellung vom Weltuntergang hat seine Ursache also nicht mehr
im Ich des Patienten ("Ich hasse meine Schwester und will sie
töten."), sondern diffus in der Außenwelt, macht sich
aber gerne an bestimmten konkreten Auslösern fest, wie zum
Beispiel Vertretern von Minderheiten oder anderen
gesellschaftlichen Randgruppen, Repräsentanten von abstrakten
Konzepten wie Umweltzerstörung oder Technik, oder auch am
menschlichen Körper mit seinen Bedürfnissen und Trieben
("Die Juden/die Computer/die freizügigen Lebensweisen sind der
Grund für die kommende Vernichtung der Welt - inklusive mir
und meiner Schwester."). Der Trick bei diesem Mechanismus ist,
daß die eigene Aggressivität vor dem eigenen Ich und
Über-Ich maskiert wird und so in dieser verstellten Form
bewußt wird. Die unbewußten Triebe des Psychotikers
("ich will") werden entpersonalisiert ("etwas will mich
zerstören"), dafür bietet sich dann häufig die
Technik an, fast alle Paranoiker benutzen die Technik in ihren
Wahnvorstellungen als Verfolger (z. B. Röntgenstrahlen,
Laserkanonen). Diese Entpersonalisierung ist eine weitere Methode,
eine Maskerade, um die Triebe vor dem Über-Ich zu verbergen.
Da man nicht mehr Ursache für die Aggression ist, erspart sich
das Ich die bewußten Vorwürfe des Über-Ich. Jedoch
kriegt das Über-Ich die aggressiven Impulse trotzdem mit, und
fordert auf, den eingebildeten Mord zu sühnen und ungeschehen
zu machen. Schwere unbewußte Schuldgefühle sind der
Hintergrund für den ausgeprägten Welterrettungswahn, den
viele paranoide Psychotiker mit Weltuntergangsphantasien haben.
Über die Reinheit:
Reinheit ist unterschwellig ein weiteres wichtiges Thema in
Terminator. Der Terminator verkörpert die glatte und
technische Reinheit einer Maschine, die durch keine menschlichen
Triebe usw. befleckt ist. Der Gegenspieler Kyle Reese versucht sich
diesem Ideal anzunähern, in dem er immer wieder seine
Schmerzen und Schwächen bekämpft, um rein und hart wie
der Cyborg zu werden.
Der Analytiker Bela Grunberger arbeitet in seinem Aufsatz
"Über die Reinheit" heraus, daß das Ideal der Reinheit,
das so oft als Wunsch in der Religion, der Kunst und dem
Alltagsleben geäußert wird, dem primären
Narzißmus entspricht. Als primärer Narzißmus wird
die Einheit des Ungeborenen bezeichnet, der im Mutterleib in einer
Art kosmischer Einheit mit seiner Welt lebt, deren Mittelpunkt er
ist und die ihn versorgt. Dieser Zustand geht in ähnlicher
Weise bei dem Neugeborenen weiter, da sein Triebleben ist noch
nicht entwickelt ist, gibt es für ihn noch keine
Außenwelt, die er wahrnehmen könnte, und seine
Bedürfnisse werden in idealer Weise für ihn erfüllt.
Spätestens ab dem dritten Lebensmonat nehmen die Frustrationen
überhand, und diese Welt beginnt zu zerbrechen und die Monade
mit der Mutter verschwindet, das Triebleben des Säuglings
entwickelt sich und tritt an die Stelle des primären
Narzißmus, der nach und nach ins Ich integriert wird.
Das Ideal der Reinheit bedeutet, daß man sich aus der
frustrierenden Realität zurückzieht und wieder die
frühste primäre Monade herstellen möchte. "Das
Erreichen von Reinheit durch die Ausschaltung von Triebregungen
(zum Beispiel das dreifache Ideal von Keuschheit, Armut und
Gehorsam) stellt jedoch nicht nur einen Weg zur Erlangung der
narzißtischen Vollkommenheit dar; es ist zudem die Quelle -
an sich und durch sich - eines Äquivalent der Trieblust, eine
Art geistiger Orgasmus, der von seinen Adepten viel höher
eingeschätzt wird als der Orgasmus schlechthin." (Grunberger
S. 117) Doch es gibt einen "unmittelbaren Zusammenhang zwischen
Reinheit und Aggressivität" (Grunberger S. 119), Grunberger
ist der Ansicht, "daß Reinheit Grausamkeit in sich birgt wie
die Wolke das Gewitter" (ebenda).
Rein zu sein von körperlichen Bedürfnissen und
Einschränkungen ist in der Realität unmöglich und
dem "Reinen" droht immer wieder die Frustration mit der
Realität. Es bleiben ihm nur noch zwei Alternativen, er "kann
sich entweder aus der Realität zurückziehen (in den Wahn)
[...] oder aber - und das ist die am häufigsten gewählte
Lösung - er kann das Böse auf die anderen projizieren,
sofern er die Aggressivität nicht gegen sich selbst wendet."
(ebenda).
Schlußfolgerungen
Zwillingspaar Reese-Terminator:
Mit diesem Wissen kann man die beiden Kontrahenten Reese und
Terminator als ein Zwillingspaar begreifen, die beide auf
unterschiedliche Weise die narzißtische Monade
wiederherstellen wollen. Kyle Reese wählt den Weg in den Wahn,
er warnt vor einer kommenden Zerstörung der Welt, als ob er
den Bezug zur Realität verloren hätte. Tatsächlich
kann er sich nur schwer in der Welt von 1984 zurechtfinden, sie ist
ja völlig fremd für ihn. Sein Verfolgungswahn und seine
Weltrettungsidee macht sich fest an der Gestalt der Terminators,
der die ultimative Bedrohung für die menschliche Rasse
darstellen soll.
Wie Reese gegenüber Sarah Connor bemerkt, war es die Aufgabe
Skynets, seine Erschaffer vor bösen Menschen zu schützen.
Doch der Verteidigungscomputer stellte fest, das jeder Mensch
unrein ist, beziehungsweise böse Anteile hat, und
beschloß die Vernichtung der gesamten Menschheit. Der
Terminator ist rein, weil er alles böse in die Außenwelt
projiziert hat und diese nun zu vernichten sucht, denn "das Reine
widersetzt sich dem Unreinen, das allein durch seine Existenz die
kosmische Vollständigkeit der Reinheit beschmutzt" (Grunberger
S. 122). Zu seinen Opfern gehören ja die im Film besonders
sündigen Menschen, wie weiter oben erklärt, aber
eigentlich ist er auf der Suche nach der Mutter Sarah Connor, er
tötet ja tatsächlich zwei gleichnamige Frauen, von der
eine gezeigt wird, die in der Tat wie eine typische Hausfrau und
Mutter erscheint.
Die Vernichtung der Mütter ist logisch, da es in der Monade
des primären Narzißmus keine Mutter geben darf, sondern
alles eins ist. "Das Paar Reinheit - Projektion kann somit zu einer
narzißtischen ichbezogenen Organisation mit einer Tendenz zur
absoluten Vorherrschaft gegenüber dem ödipalen Ich
werden" (Grunberger S. 120). Denn der Narzißt kämpft,
wie gesagt, gegen die Frustrationen der Realität, und wo
findet eine größere Frustration statt als in dem
Ödipuskomplex?
Anti-Ödipus:
Der Ödipuskomplex als Ausdruck der die narzißtische
Monade bedrohenden Triebe ist der wichtigste spätere Gegner
des primären Narzißmus, der am stärksten eine
Entwicklung fordert und zur endgültigen Aufgabe der
narzißtischen Lösung drängt. Der primäre
Narzißmus wird gezwungen, sich Schritt für Schritt in
die zentrale Instanz des Ichs zu integrieren, nur in wenigen
pathologischen Fällen kann er neben diesem bestehen und sich
in Opposition zu ihm stellen.
Der Film zeigt eine religiöse Heiland-Vision, die Ausdruck
eines nicht-integrierten Ödipuskomplex ist und Anlehnungen an
die Apokalypse des Johannes hat: Ein Kriegerheiland wird kommen und
alle Gegner in einer blutigen Schlacht besiegen und die wahren
Gläubigen werden von der Erde in ein paradiesisches
Himmelreich geführt. Solche Messias-Hoffnungen haben
psychoanalytisch eine wichtige Besonderheit: das Arrangement mit
der Realität, so wie sie eben ist, und die Verschiebung der
Paradieserwartung in eine ferne Zukunft ist eine ödipale
Anordnung, bei der die Macht der Realität und des
stärkeren Vaters anerkannt wird. Bei den apokalyptischen
Heilserwartungen wird dieses Konzept jedoch aufgehoben, die
entbehrungsreiche Realität aufgelöst und das Paradies auf
Erden soll schon sehr bald anbrechen (nach Vernichtung des
'Gegners'). Der Ödipuskomplex wird umgedreht und damit der
Sohn mächtiger als der Vater.
Dieses Motiv findet sich in Terminator: John Connor ist der
Sohn, der seinen Vater in den Tod schickt und dessen Stelle sofort
einnimmt (wenn auch zunächst nur in der Vorstellung seiner
Mutter Sarah Connor).
Aber es eröffnet sich auf diese Weise noch eine weitere Lesart
des Kampfes Reeses gegen den Terminator. Der Roboter ist der fremde
Zwang der Außenwelt, die Realität, der man unterworfen
ist und die man anerkennen muß. Er ist Sinnbild für die
Zumutungen durch andere Menschen, er steht für die
formalisierte Rollen und Entfremdung in der modernen Welt, und auf
diese Weise das Realitätsprinzip und die äußere
Welt, deren Macht im ödipalen Reifungsprozess anerkannt werden
muß. Daß dies dem (quasi-)psychotischen Reese nicht
gelingt, ist Grund für sein Scheitern, dessen Konsequenz sein
Tod ist.
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